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EU-Blocking-Verordnung – Hanseatisches Ober­landes­gericht Hamburg ruft Europäischen Gerichtshof an

Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg (HansOLG) hat mit Beschluss vom 02.03.2020, Az. 11 U 116/19, dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vier Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Diese betreffen die Auslegung der EU-Blocking-Verordnung (EG) 2271/96, die in Deutschland unmittelbar gilt.

Die Verordnung in der Fassung der Delegierten Verordnung (EU) 2018/1100 soll vor den Auswirkungen der etxraterritorialen Anwendung von einem Drittland erlassener Rechtsakte sowie von darauf beruhenden Maßnahmen schützen. Es handelt sich um eine Abwehrmaßnahme, die einer extraterritorialen Ausdehnung insbesondere des US-Sanktionenrechts entgegenwirken soll. Nachdem die USA im Jahr 2018 Sanktionen gegen den Iran wiedereingeführt hatten, wurde der Anhang der EU-Blocking-Verordnung aktualisiert. Obwohl die Kommission eine Durchführungsverordnung (EU) 2018/1101 vom 03.08.2018 und einen Leitfaden vom 07.08.2018 (2018/C 277 1/03) erließ, sind zahlreiche Fragen zur Auslegung der Verordnung offen.

Im Bankenbereich betrifft die Verordnung das Spannungsfeld der Interessen von Banken einerseits und sonstigen Unternehmen andererseits. Während die Banken keine Nachteile im US-Markt erleiden wollen, sofern sie EU-Recht befolgen, sind andere EU-Wirtschaftsteilnehmer darauf angewiesen, keine Schäden durch eine extraterritoriale Anwendung von US-Sanktionen zu erleiden. Wirtschaftliche Verluste, z. B. durch eine ordentliche Bankkündigung wegen bestehender Irankontakte des Unternehmens, können dessen Rentabilität gefährden oder sogar ein erhebliches Insolvenzrisiko mit sich bringen. Viele Unternehmen mit iranischen Geschäftskontakten durchlaufen oftmals sukzessive Kündigungsszenarien. Sie haben es konkret schwer, überhaupt noch eine Hausbank zu finden.

Art. 5 Abs. 1 der EU-Blocking-Verordnung sieht insbesondere ein Verbot vor, extraterritorialen Iran-Sanktionen der USA nachzukommen. Das HansOLG fragt den EuGH u. a., ob die Vorschrift nur dann anwendbar sei, wenn an den handelnden EU-Wirtschaftsteilnehmer im Sinne von Art. 11 VO seitens der USA direkt oder indirekt behördliche oder gerichtliche Anweisungen ergangen sind, oder ob es genüge, dass das Handeln eines EU-Wirtschaftsteilnehmers auch ohne solche Anweisungen darauf gerichtet ist, Sekundärsanktionen zu befolgen.

Nach Auffassung des OLG Köln, Urteil vom 07.02.2020, Az. 19 U 118/19, ergeben sich aus dem Wortlaut, Sinn und Zweck der Verordnung keine Anhaltspunkte dafür, dass z. B. eine ordentliche Kündigung eines Unternehmens nichtig oder unwirksam sein könnte, wenn dieses nicht aus wirtschaftlichen Motiven heraus, sondern wegen Irankontakten des Geschäftspartners kündigte.

Weitere Vorlagefragen des HansOLG betreffen die Darlegungs- und Beweislastverteilung sowie die Verhältnismäßigkeit der EU-Blocking-Verordnung. Die EuGH-Entscheidung wird mit Spannung erwartet, zumal der Bundesgerichtshof noch nicht mit den maßgebenden Fragen befasst war.